Das Ursache-Problem-Folge-Modell von BUNTER BALL

BUNTER BALL füllt eine Lücke im Bildungssystem. Es liefert ein bisher fehlendes Curriculum für sozial-emotionales Lernen, das die strukturierte und nachhaltige Förderung der personalen Schutzfaktoren von Grundschulkindern ermöglicht.

Doch warum ist das überhaupt wichtig? Warum brauchen Kinder Schutzfaktoren und welche Negativfolgen hat das Fehlen eines Curriculums für sozial-emotionales Lernen auf Kinder?

Das veranschaulicht das nachfolgende Ursache-Problem-Folge-Modell von BUNTER BALL. Es analysiert den gesellschaftlichen Bedarf für BUNTER BALL anhand der systemischen Ursache, des daraus hervorgehenden Problems, sowie der resultierenden Folgen.

Soziale Ungleichheit

In der sich immer schneller wandelnden Welt werden feste Klassenzugehörigkeit und das dementsprechende Handeln zunehmend von zeitweiligen, horizontalen und sich überlagernden Ungleichheitsstrukturen abgelöst. Soziale Ungleichheit kann episodisch im Lebensverlauf auftreten, ausgelöst durch das Auftreten oder den Wegfall einzelner Risikofaktoren (Weischer, 2022). Armut ist ein entscheidender Faktor und kein Randphänomen: Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in relativer Armut auf (Bertelsmann Stiftung, 2020). Weitere Risikofaktoren wie Bildungsniveau und Gesundheit der Eltern, Ein-Eltern-Familie, beengte Wohnverhältnisse und/oder mangelnde soziale Integration (Esser und Schmidt, 2017) können Kinder in allen gesellschaftlichen Schichten und Milieus betreffen. Einzelne, aber insbesondere die Kumulation mehrerer Risikofaktoren belasten die individuellen Lebens- und Bildungschancen der betroffenen Kinder.

Die biografische Verlaufskurve sozialer Ungleichheit wird in ihrer Höhe u. a. (neben Markt, Staat und Familie) durch persönliche Strategien beeinflusst. Personale Schutzfaktoren wie die sozial-emotionale Kompetenzen können Risikofaktoren ausgleichen (Zohsel et al., 2017). Dann sprechen wir von Resilienz.

Kinder können sich trotz belastender Ausgangslagen positiv entwickeln. Wichtig ist dabei eine „Unterstützung von außerhalb der Familie, durch die Kompetenzen des Kindes und die Entwicklung positiver Wertvorstellungen” gefördert werden (Hohm et al., 2017). Daraus lässt sich ein eindeutiger Auftrag für die Bildungsinstitutionen ableiten.

Curriculare Lücke beim Erwerb sozial-emotionaler Kompetenzen

Durch die allgemeine Schulpflicht nimmt die Grundschule eine besondere Rolle in der deutschen Bildungslandschaft ein. Sie ist die einzige Institution, die jedes Kind in unserem Land erreicht, und sie spiegelt zudem die Vielfalt unserer Gesellschaft in ihren Klassen wider.

Die Grundschule soll durch fachliches und fächerübergreifendes Lernen grundlegende fachliche, soziale und personale Kompetenzen und Einstellungen als Schlüsselqualifikationen vermitteln, die den Kindern u. a. die individuelle Gestaltung ihres Lebens und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen sollen (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2008).

In Lehrplänen bestehen zwar allgemeine Vorgaben zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen, eine konkrete Überführung in Lerninhalte oder Zielsetzungen findet aber kaum statt. Insbesondere im Sportunterricht, für den der Doppelauftrag aus fachlichem und sozial-emotionalem Lernen im Curriculum steht, fehlt es fast gänzlich an Konzepten zur Umsetzung dieses Qualitätsaspekts. Der Lehrkräftemangel verschärft das Problem zusätzlich, da Sport häufig fachfremd unterrichtet wird.

Eine nachhaltig wirksame Förderung von sozial-emotionalen Kompetenzen zur Stärkung der personalen Schutzfaktoren der Kinder und deren curriculare Verankerung fehlt somit. Die Mehrheit der Kinder in Deutschland hat demnach keine Chance, im Rahmen des verpflichtenden Bildungsangebots der Grundschule ausreichend personale Schutzfaktoren im Sinne von sozial-emotionaler Kompetenz zu erwerben. Die Kinder können damit den der heutigen Zeit immanenten Risikofaktoren nur unzureichend etwas entgegensetzen. Dieser Umstand leistet seinen Betrag dazu, dass die Grundschule soziale Ungleichheit nicht abbaut, sondern reproduziert (Stanat, 2022).

Die daraus langfristig entstehende Bildungsarmut ergibt sich eben nicht nur aus einem Mangel an Fachkompetenzen, sondern, wenn Wissen „zur Bewältigung alltäglicher Anforderungen“ und „ein reflektiertes Verhältnis zu sich selbst und der eigenen Lebenswelt einschließlich anderer Menschen“ nicht erworben werden kann (Quenzel und Hurrelmann, 2019).

Folgen für die Kinder

Die daraus resultierenden Folgen für die individuellen Lebenschancen sind enorm: Belastungen durch Risikofaktoren äußern sich sowohl in expansiven Auffälligkeiten als auch in emotionalen und entwicklungsspezifischen (introversiven) Auffälligkeiten (Laucht, Esser, Schmidt, 2000). Diese Auffälligkeiten können im Laufe der Adoleszenz weitere internalisierende und externalisierende Problemverhalten sowie Substanzmissbrauchs- oder Abhängigkeitsdiagnosen und Delinquenzbereitschaft hervorrufen (Quenzel und Hurrelmann, 2000) (Zohsel et al., 2017).

Weitere Folgen wie erhöhte Mortalität und Morbidität sowie kollektive Abwertung schränken Bildungsbeteiligung und Bildungschancen ein – und dies beeinträchtigt letztendlich Arbeitsmarktchancen, Einkommensoptionen sowie den sozialen Status und individuelle Lebensverwirklichungschancen.

Folgen für die Gesamtgesellschaft

Die auf Ebene der Kinder benannte Bildungsarmut hat volkswirtschaftliche, politische und soziale Folgen.

Die Fachkräftelücke wird durch Zuwanderung nicht ansatzweise geschlossen werden können (BAMF, 2021). Stattdessen muss der Fokus auf Bildungsprogramme für die bereits hier lebenden Menschen gelegt werden. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten ist Bildungsarmut in Deutschland überdurchschnittlich stark ausgeprägt. 10 % der 18- bis 24-Jährigen haben in Deutschland nur die Sekundarstufe I durchlaufen und gelten damit definitionsgemäß als bildungsarm (Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft, 2022).

Psychische Erkrankungen erzeugen Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem. Psychische Erkrankungen kosten Deutschland aktuell 4,8 % des BIP, also knapp 147 Milliarden Euro (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. , 2022). Auch hier liegt Deutschland signifikant über dem EU-Durchschnitt von 4,1 % des BIP (OECD/European Union, 2018) (Interessenvertretung von Innungskrankenkassen, 2020).

Politische Partizipation weist eine deutliche Relation zum Bildungsstand auf. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat eine durchweg niedrigere Wahlbeteiligung von Menschen mit niedrigerem Bildungsstand festgestellt (Kaeding und Haußner, 2016).

Auch ein möglicher schwindender gesellschaftlicher Zusammenhalt lässt sich in Verbindung zum Bildungsstand bringen. Menschen mit niedrigem Einkommen und Bildungsstand nehmen die Gesellschaft als ungerechter wahr. Diejenigen, die die Gesellschaft aufgrund höherer Bildungschancen gerechter erleben, schenken auch staatlichen Institutionen mehr Vertrauen (Baarck et al., 2022). Investitionen in Bildung stabilisieren also langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Vertrauen in Institutionen.

Quellen

Baarck, Julia, Dolls, Mathias, Unzicker, Kai, Windsteiger, Lisa (2022): Gerechtigkeitsempfinden in Deutschland. Bertelsmann Stiftung.

BAMF (2021): Freizügigkeitsmonitoring: Jahresbericht 2021. [online] Freizügigkeitsmonitoring Jahresbericht 2021 (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Bertelsmann Stiftung (2020): Factsheet: Kinderarmut in Deutschland. [online] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/factsheet-kinderarmut-in-deutschland (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (2022): Der Fachkräftemangel ist plötzlich Realität. [online] https://www.iwd.de/artikel/der-fachkraeftemangel-ist-ploetzlich-realitaet-551257/ (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (2022): Basisdaten Psychische Erkrankungen. Stand: 2024. [online] https://www.dgppn.de/schwerpunkte/zahlenundfakten.html (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Esser, Günter; Schmidt, Martin H. (2017): Die Mannheimer Risikokinderstudie, in: Kindheit und Entwicklung, 26 (4), S.198-202. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000232 (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Hohm, Erika et al. (2017): Resilienz und Ressourcen im Verlauf der Entwicklung, in: Kindheit und Entwicklung, 26, S. 230-239. Resilienz und Ressourcen im Verlauf der Entwicklung: Von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenenalter: Kindheit und Entwicklung: Vol 26, No 4 (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

Interessenvertretung von Innungskrankenkassen (2020): Psychische Gesundheit in Zahlen. (Stand: Dezember 2020). [online] Psychische Gesundheit | IKK e.V. (zuletzt abgerufen am: 03.03.2025).

Kaeding, Michael, Haußner, Stefan (2016): Gut bekannt und unerreicht? Soziodemografisches Profil der Nichtwähler_innen. Friedrich-Ebert-Stiftung.

Laucht, Manfred; Esser, Günter; Schmidt, Martin H. (2000): Entwicklung von Risikokindern im Schulalter: Die langfristigen Folgen frühkindlicher Belastungen, in: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 32, S. 59-69. Entwicklung von Risikokindern im Schulalter: Die langfristigen Folgen frühkindlicher Belastungen | Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2008): Grundschule – Richtlinien und Lehrpläne. Auszug aus dem Amtsblatt des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen. [online] https://www.schulentwicklung.nrw.de/lehrplaene/upload/klp_gs/LP_GS_2008.pdf (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

OECD/European Union (2018): Health at a Glance: Europe 2018: State of Health in the EU Cycle, OECD Publishing, Paris/European Union, Brussels. https://doi.org/10.1787/health_glance_eur-2018-en. (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

Quenzel, Gudrun; Hurrelmann, Klaus (Hrsg.) (2019): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden: Springer VS.  https://doi.org/10.1007/978-3-658-19573-1 (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

Stanat, Petra et al. (2022): IQB-Bildungstrend 2021. Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Jahrgangsstufe im dritten Ländervergleich. Münster/New York: Waxmann.

Weischer, Christoph (2022): Sozialstrukturanalyse. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34047-6. (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).

Zohsel, Katrin et al (2017): Langfristige Folgen früher psychosozialer Risiken, in: Kindheit und Entwicklung, 26 (2017), S. 203-209. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000233. (zuletzt abgerufen am: 16.03.2025).